Es ist meine Bestimmung
Gespräch mit Einsatzhundeführerin Kaori Oshima
Für Kaori Oshima ist die Arbeit mit den Hunden unverzichtbarer Bestandteil ihres Lebens. Warum sie in der Rettungshundearbeit ihre Daseinsberechtigung sieht, davon erzählt sie uns in einem sehr persönlichen Interview.
Wie lange machst du schon Rettungshundearbeit und wie bist du dazu gekommen?
Mit der Rettungshundearbeit habe ich 1994 begonnen. Davor hatte ich mich mit der Ausbildung von Wachhunden beschäftigt. Als sich 1995 ein schweres Erdbeben in einem urbanen Gebiet Japans ereignete und Rettungshunde mit Einsatzkräften aus Übersee zur Hilfe kamen, wusste ich, dass wir mehr qualifizierte Rettungshundeteams in unserem Land benötigen. Japan ist durch Naturkatastrophen wie Taifune, Erdbeben, Tsunamis und Vulkanausbrüche gefährdet. Daher ist es für uns wichtig, für den Ernstfall vorbereitet zu sein und mit eigenen gut ausgebildeten Rettungshundeteams rasch reagieren zu können. Darüber hinaus gibt es aber auch ein sehr persönliches Motiv für mein Engagement. Ungefähr zeitgleich mit der Erdbebenkatastrophe wurde bei meiner Schwester eine Krankheit diagnostiziert und sie hatte nur noch wenige Jahre zu leben. Ich konnte sie nicht retten, aber der Gedanke, mithilfe von Hunden das Leben eines in Not geratenen Menschen zu retten, verstärkte den Wunsch in mir, meine Energie und Zeit in die Ausbildung von Rettungshunden zu investieren.
Was war deine Motivation, dich ehrenamtlich im Rettungshundewesen zu engagieren?
Ich hatte die Gelegenheit, 1998 an der Gründung der Non-Profit-Organisation "Rescue Dog Trainers Association", eine Organisation für Rettungshunde – der ich auch heute noch angehöre – mitzuwirken. Für mich ist es ein Privileg, mit unseren Hunden einen Beitrag in der Gesellschaft leisten zu können. Es ist sehr bedauerlich, dass der erste Leiter, der damals den Anstoß zur Vereinsgründung gab, vor zehn Jahren verstorben ist. Die Mehrheit der Gründungsmitglieder ist jedoch noch aktiv. Sie sind über die Jahre zu engen Freunden für mich geworden, mit denen ich sowohl traurige als auch viele freudige Momente durchlebt habe.
Meine Hunde bedeuten mir alles – für mich sind sie Freunde, Helden und mein Anker.
Wie lassen sich das regelmäßige Training und die Einsätze mit deinem Beruf und Privatleben vereinbaren?
Ich habe das große Glück, dass meine Lieblingstätigkeit gleichzeitig mein Beruf ist. Ich leite eine Hundeschule, in der ich neben Rettungshunden vor allem Familienhunde trainiere. Mein Team besteht aus sechs jungen Leuten. Auch für sie ist die Arbeit mit Rettungshunden etwas ganz Besonderes. Jeder von uns möchte so viel Zeit wie möglich in die Arbeit mit unseren Rettungshunden investieren. Damit wir das neben unserem Kerngeschäft hinbekommen, helfen alle zusammen. Darüber hinaus unterstützen mich mein Partner und meine Familie sehr in meinen Rettungshundeaktivitäten. Das ist eine große seelische Unterstützung für mich.
Was war für dich ein besonders prägender Einsatz?
Das große Erdbeben in Ostjapan im Jahr 2011 war eine der größten Naturkatastrophen der letzten Jahre in Japan. Wir wurden per Hubschrauber in das Erdbebengebiet gebracht und suchten in den vom Tsunami betroffenen Städten mit nur sechs lokalen Polizisten und drei Rettungshunden nach Überlebenden. Die Zahl der Rettungskräfte war allerorts völlig unzureichend. Zusätzlich belastend war, dass wir uns wenige Stunden vor dem Einsatz selbst vor dem prognostizierten Tsunami in Sicherheit gebracht hatten und per Polizeifunk über die Explosion des Atomkraftwerks in Fukushima erfuhren. Bei diesem Rettungseinsatz wurde uns in aller Deutlichkeit bewusst, dass wir unser Leben riskieren, um anderen Menschen zu helfen. Ruhe bewahren konnte ich in der Situation nur dank der Suchfreudigkeit meines vierbeinigen Kumpels und der Wärme seines Körpers, der sich in den Suchpausen an mich schmiegte.