Unser erster internationaler Einsatz
Denis Laus ist Rettungshundeführer der IRO Mitgliedsorganisation @fire und IRO Beurteiler. Wir durften ihm einige Fragen stellen:
Wo warst du, als du die Mitteilung erhieltst, dass du in den Einsatz nach Libanon reisen wirst?
Ich war zu dem Zeitpunkt in Paris und musste von dort schnellstmöglich nach Frankfurt kommen. Normalerweise ist das kein Problem, aber aufgrund von COVID-19 gab es nur einen Flug täglich von Paris nach Frankfurt. Ich entschied mich daher das Auto zu nehmen.
Abgesehen davon, welchen Einfluss hatte COVID-19 auf den Einsatz allgemein?
Das gesamte Team musste sich vor dem Abflug und bei der Ankunft einem Coronavirus-Test unterziehen. Bis wir die Ergebnisse erhielten, blieben wir in unserem Basislager in Quarantäne.
Nachdem ihr grünes Licht erhalten hattet, was geschah dann?
Jedem Land wurde ein bestimmter Sektor zugewiesen. Gemeinsam mit den Einsatzkräften des deutschen THW suchten wir mit technischer Ausrüstung und Rettungshunden im Hafengebiet, einem am stärksten betroffenen Bereich nahe dem Explosionszentrum, nach Überlebenden. Jeden Morgen vor Beginn der Suche trafen wir uns mit unseren THW-Kollegen zu einem gemeinsamen Briefing, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Außerdem gab es tägliche Treffen mit den Teamleitern aller anderen internationalen Organisationen.
Was war deiner Meinung nach, die größte Herausforderung für die Rettungshundeteams?
Die Hitze und hohe Luftfeuchtigkeit haben die Arbeit der Hunde ungemein erschwert. Bereits um 8 Uhr morgens war die Hitze aufgrund der starken Luftfeuchtigkeit drückend. Zwischen 11.00 und 14.00 Uhr war die Hitzebelastung besonders hoch, so dass wir die Suche den Bedingungen entsprechend anpassen mussten. Aus Sicherheitsgründen war es uns nicht erlaubt, nachts zu arbeiten. Eine weitere Schwierigkeit war das Glas, das überall verstreut lag. Eine Suche in einem Lagerhaus, in dem Alkoholflaschen gelagert wurden, war für unsere Hunde besonders gefährlich. Die Verletzungsgefahr für den Hund durch die Splitter von Glasflaschen ist viel höher als beispielsweise durch Scherben von zerbrochenen Fensterscheiben. Selbst das Tragen von Schuhen würde die Hunde nicht ausreichend vor Verletzungen durch die feinen, spitzen Glassplitter schützen. Da nach gründlicher Untersuchung eine Suche durch menschliche Rettungskräfte in dem Gebäude ohne Gefahr möglich war, beschloss ich, Sheeva nicht hineinzuschicken, sondern das Trümmerfeld selbst zu durchsuchen. Ich brauchte sicherlich ein paar Minuten länger als er benötigt hätte, aber am Ende war es die einzig richtige Entscheidung.
Warum ist der Einsatz von Rettungshunden nach solchen Katastrophen so ungemein wichtig?
Um schneller und tiefer in die Suche gehen zu können. Es ist auch sicherer für die Verschütteten. Es macht einen Unterschied, ob eine Person mit rund 70 Kilo das Trümmerfeld absucht oder ein Hund mit 25 Kilo. Wir arbeiten immer in Paaren von zwei Rettungshundeteams. Mein Kollege Lars Prößler und der IRO zertifizierte Hund Apple bildeten mit uns zusammen eine Sucheinheit. Zunächst sucht einer unserer Hunde das Gebiet nach Überlebenden ab. Dann wird das gleiche Gebiet vom zweiten Hund abgesucht, um das Ergebnis zu bestätigen. Wenn sicher ist, dass sich unter den Trümmern keine Überlebenden mehr befinden, wird das Gebiet für die Aufräumarbeiten freigegeben. Diese Vorgehensweise ist besonders effizient.
Wie lange dauerte die Suche?
Die Durchsuchungen dauerten nur zwei Tage. Am Samstag, vier Tage nach der Explosion, war klar, dass es in keinem der Suchgebiete mehr Überlebende unter den Trümmern gab.
Sheeva und du seid ein IRO zertifiziertes Team, hat dir der IRO Einsatztest geholfen, auf den Ernstfall vorbereitet zu sein?
Mit Sicherheit ja. Das Absolvieren realistischer Trainingsszenarien vermittelt die nötige Erfahrung und Routine, um in einem Notfall gezielt handeln zu können. Vor allem die Bestätigung der Einsatzbereitschaft des Hundes durch unabhängige Beurteiler gibt einem Sicherheit. Wir haben 2017 unseren ersten Einsatztest absolviert und zwei Jahre später die Reklassifizierung erfolgreich bestanden.